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Die digitale Stufe der Braukunst

Die größte österreichische Privatbrauerei setzt auf ein maßgeschneidertes Automatisierungssystem.

Digitale Transformation

26.03.2020

Lesezeit 4 Min

Siemens

1492, im selben Jahr, als Christoph Kolumbus eine neue Welt entdeckte, wurde die Stieglbrauerei zu Salzburg gegründet. Das „Haus Bey der Stiegen“ entwickelte sich in den kommenden knapp 525 Jahren zu Österreichs größter und führender Privatbrauerei, bei der Tradition großgeschrieben wird. Als einzige Brauerei Österreichs setzt Stiegl auf ein ganz spezielles Transportmittel: die Stiegl-Pferdekutsche. Noch heute werden damit Gastronomiebetriebe in den Salzburger Stadtteilen Maxglan, Riedenburg und Wals-Siezenheim beliefert. Bei den Zutaten setzt der Familienbetrieb auf Top-Qualität: So werden die Stiegl-Biere mit Untersberger Wasser gebraut, die Gerste bezieht die Privatbrauerei aus dem Weinviertel. Dort pflegt man langjährige persönliche Kontakte zu EGZ-Gerstenbauern (Erzeugergemeinschaft Zistersdorf), bei denen direkt eingekauft wird. Außerdem baut Stiegl auf seinem Gut Wildshut sogar Urgetreide an, das auch selbst vermälzt wird.

Durchgängige Digitalisierung der Brauanlage
Unternehmen der Brauindustrie stehen heute einer Vielzahl an Herausforderungen gegenüber. Die Menge an verschiedenen Sorten nimmt immer mehr zu, gleichzeitig steigt im Konkurrenzkampf der Kostendruck. Der Weg, die Bierherstellung flexibler und wirtschaftlicher zu gestalten, führt über eine durchgängige Digitalisierung der Brauanlage – und zwar entlang der gesamten Wertschöpfungskette: Vom Warenein- und ausgang über die Produktion bis zur unternehmerischen Ressourcenplanung. Denn wenn alle Prozesse optimal ineinandergreifen und alle Anlagenteile zuverlässig miteinander kommunizieren, steigt die Flexibilität und die Kosten werden gesenkt. Nicht nur bei der Wahl der Zutaten kommt für die Privatbrauerei Stiegl ausschließlich Topqualität in Frage. Auch die technische Umsetzung des Brauprozesses muss den hohen Ansprüchen des Salzburger Unternehmens genügen. Daher pflegt Stiegl eine langjährige Partnerschaft mit Siemens. Was mit einfachsten Siemens-Komponenten wie Elektromotoren begann, wurde ab den 1970er Jahren mit komplexeren Steuerungen zur Automatisierung der Produktionsprozesse fortgeführt. Auch bei der Umstellung des Sudhauses auf eine neue, maßgeschneiderte Automatisierungslösung setzte Stiegl auf die Kompetenz von Siemens.
Um die unterschiedlichen Biersorten effizienter, kostengünstiger und mit gleichbleibend hoher Geschmacksqualität zu brauen, setzt die Brauerei auf ein neues maßgeschneidertes Automatisierungssystem von Siemens. Basierend auf der Siemens-SIMATIC S7-Technologie und der Software WinCC wurde das Sudhaus der Stieglbrauerei zu Salzburg durchgehend digitalisiert. Die Inbetriebnahme erfolgte im Mai 2015 – rund drei Monate vor dem geplanten Termin. Die Umstellung erfolgte innerhalb eines Wochenendes und seither verläuft der Betrieb ohne Unterbrechungen. Dieser nahtlose Übergang war für Stiegl von enormer Bedeutung, da das Sudhaus pro Jahr lediglich zwei Wochen für Wartungen und Überholungen stillsteht. Zu den technischen Herausforderungen zählte neben dem engen Zeitfenster während der Umstellung unter anderem, auch die Prozesse des alten Systems zu erfassen und umzuprogrammieren.

Bierbrauen bleibt Handarbeit
Durch die Digitalisierung können sämtliche Prozesse in den verschiedenen Bereichen wie Sudhaus, Gär-, Lager- und Spezialitätenkeller optimal gesteuert und visualisiert werden. Kern des Systems ist eine einfache und effektive Rezeptsteuerung. Diese gibt dem Braumeister die Möglichkeit, sämtliche Rezepte individuell zusammenzustellen und flexibel anzupassen. Die Qualität kann damit noch genauer gesteuert und die typischen Geschmacksnoten der Biere können dadurch hervorgehoben werden. Dennoch bleibt Bierbrauen in Österreichs größter Privatbrauerei Handarbeit, allerdings durch modernste Technik unterstützt. „Das hilft uns zum Beispiel natürliche Rohstoffschwankungen auszugleichen und eine konstant hohe Qualität zu erzielen“, erläutert Stiegl-Chefbraumeister Christian Pöpperl, der die Umstellung auf das neue Automatisierungssystem verantwortete, die Vorteile des digitalisierten Brauhauses.
Durch die technologische Weiterentwicklung merken die Braumeister allerdings, dass sie plötzlich wieder Zeit haben, sich mit dem zu beschäftigen, was eigentlich ihre Leidenschaft ist: dem Austüfteln neuer Rezepte.

Kern des Systems ist eine Rezeptsteuerung: Damit haben die Braumeister die Möglichkeit, sämtliche Rezepte individuell zusammenzustellen und flexibel anzupassen.© Siemens
Kern des Systems ist eine Rezeptsteuerung: Damit haben die Braumeister die Möglichkeit, sämtliche Rezepte individuell zusammenzustellen und flexibel anzupassen. (Copyright: Siemens)